Harnsteine


Harnsteine kommen bei 4 bis 15 Prozent der Bevölkerung vor. Sie können gar keine oder wenige Symptome verursachen, aber auch zu einer behandlungsbedürftigen Nierenkolik führen. Der überwiegende Anteil der Harnsteine geht allerdings spontan ab.

Häufigkeit von Harnsteinen

Das Harnsteinleiden ist mit einer Häufigkeit von 4 bis 15 Prozent den Volkskrankheiten zuzurechnen. In Ländern mit heißen und trockenen klimatischen Bedingungen erreicht die Krankheitshäufigkeit sogar bis zu 20 Prozent. Die Kalziumoxalatsteine (CaOx-Steine) machen dabei mit einem relativen Anteil von 70 bis 80 Prozent den mit Abstand größten Anteil der Harnsteine aus. Die Pathogenese der kalziumhaltigen Steine ist bis heute nicht vollständig verstanden. Die meisten der betroffenen Patienten zählen dabei zu den so genannten idiopathischen CaOx-Steinbildnern, bei denen keine zugrunde liegende Erkrankung, wie z.B. ein Hyperparathyreoidismus ermittelt werden kann. Aus diesem Grund kommt der Gruppe der ideopathischen CaOx-Steinbildner eine besondere Bedeutung zu.

Definition und Ursachen für Harnsteine

Die einfache Erklärung der Steinentstehung durch ein Überschreiten des Löslichkeitsprodukts steinbildender (lithogener) Substanzen im Urin erscheint heute nicht mehr ausreichend, um die komplexen Vorgänge zu beschreiben. Den Schlüssel im Verständnis der idiopathischen CaOx-Steinbildung sehen Mediziner heute in den so genannten Randall’schen Plaques. So wurden in einer Studie endoskopisch Randall’sche Plaques bei allen untersuchten idiopathischen CaOx-Steinbildnern gefunden, während keiner der untersuchten Nicht-Steinbildner derartige Plaques aufwies. Für die Entstehung der Randall’schen Plaques wird derzeit ein multifaktorielles Geschehen diskutiert, ohne dass der genaue Mechanismus bekannt wäre.

Verschiedene epidemiologische Studien belegen einen Zusammenhang zwischen der CaOx-Steinbildung und kardiovaskulären Risikofaktoren wie Hypertonie, Übergewicht, Hypercholesterinämie, körperlicher Inaktivität und Diabetes mellitus. Die enge anatomische und physiologische Beziehung des renalen Gefäßsystems zu den Strukturen des Nephrons lassen einen Einfluss auf die Plaquebildung durchaus möglich erscheinen.

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Durch welche Symptome äußern sich Harnsteine?

Eine Nierenkolik tritt typischerweise plötzlich in Form krampfartiger, auf- und abschwellender Flankenschmerzen auf. Diese Schmerzen können in Ober- und Unterbauch und in das Genitale ausstrahlen. Ebenso kann der Schmerz im Verlauf seine Ausstrahlung ändern und deutet dann auf ein Wandern des Harnsteins hin. Häufig ist eine Nierenkolik mit Übelkeit und Erbrechen verbunden. Ein gemeinsames Auftreten von Kolikschmerz und Fieber, eventuell auch Schüttelfrost sind als Alarmzeichen zu werten. In den meisten Fällen zeigt sich im Urin zumindest eine Mikrohämaturie, nicht selten auch eine makroskopische Verfärbung von rostbrauner Farbe bis hin zu Makrohämaturie.

Das klinische Bild des Harnsteinleidens ist jedoch nicht zwangsläufig mit den typischen Kolikschmerzen verbunden. Nierenkelchsteine, Kelchdivertikelsteine und Ausgusssteine können wenig oder keine klinischen Symptome verursachen.

Wie werden Harnsteine diagnostiziert?

Die klinische Diagnostik beinhaltet neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung die Urinuntersuchung und Ultraschalldiagnostikder Niere. Der Ultraschall erlaubt eine schnelle und zuverlässige Beurteilung des oberen Harntraktes. Häufig reicht der Ultraschall für die weitere Diagnosesicherung und Therapieplanung, insbesondere bei Harnleitersteinen, nicht aus. Zur weiteren Bildgebung kommen dann ein Ausscheidungsurogramm oder ein Nativ-CT (Stein-CT) zur Anwendung.

Wie werden Harnsteine behandelt?

Obwohl der überwiegende Anteil der Harnsteine spontan abgeht, führt die Mobilisation des Steins in den Harnleiter häufig zu einer behandlungsbedürftigen Nierenkolik. Aus diesem Grund empfehlen Mediziner auch für asymptomatische Harnsteine ab einer Größe von 4 mm eine Therapie. Während die Behandlung einer akuten Kolik vor allem medikamentös erfolgt, stellt die definitive Steinsanierung nicht spontan abgangsfähiger Konkremente eine Domäne der minimal-invasiven, interventionellen Steinbehandlung dar.

Die akute Nierenkolik, ausgelöst durch ein Konkrement, das nach Mobilisation den Harnleiter blockiert, ist ein dramatisches Ereignis und mit heftigsten Schmerzen verbunden. Ein rasches therapeutisches Handeln ist sowohl zur Schmerzreduktion als auch zur Prävention von Komplikationen (Fornixruptur, infizierte Harnstauungsniere) indiziert.

Konservative Behandlung einer akuten Nierenkolik

Die Behandlung der akuten Kolik erfolgt in den meisten Fällen konservativ. Zum Einsatz kommen in erster Linie nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAR). Die früher betriebene „Schwemmtherapie“ mit Zufuhr von 3 bis 4 Litern Infusion pro Tag wird nicht mehr durchgeführt.

Ist durch konservative Maßnahmen keine suffiziente Schmerzreduktion möglich oder besteht eine symptomatische Harnwegsinfektion mit dem Risiko einer Urosepsis, so sollte eine notfallmäßige Entlastung der gestauten Niere erfolgen. Zur Harnableitung werden eine Harnleiterschiene (DJ- oder „Pigtail-Katheter“) oder eine perkutane Nephrostomie (PCN) eingelegt.

Minimal-invasive Therapieverfahren bei Harnsteinen

Die Steinsanierung manifester Harnsteine wird heutzutage vorwiegend durch minimal-invasive Therapieverfahren erreicht. Je nach Lage, Größe und Steinzusammensetzung können die Harnsteine mit extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL) zertrümmert werden oder mit endoskopischen Techniken wie der Ureterorenoskopie (URS) oder der perkutanen Nephrolitholapaxie (PCNL) entfernt werden. Während mit den endoskopischen Verfahren meist eine vollständige Steinsanierung möglich ist, hinterlässt die ESWL-Behandlung zunächst häufig Restfragmente, die bei einer Größe weniger 4 mm als spontanabgangsfähig und klinisch nicht-signifikant angesehen werden.

Behandlung von Harnsäuresteinen

Harnsäuresteine nehmen insofern eine Sonderstellung unter den Harnsteinen ein, als auch bereits vorhandene Konkremente durch konsequente Alkalisierung des Urins wieder aufgelöst werden können. Dabei ist eine Anhebung des Urin-pH auf Werte zwischen 6,8 bis 7,2 durch die orale Einnahme von Alkalizitraten oder Natriumbikarbonat anzustreben. Die benötigte Dosis ist dabei individuell unterschiedlich und durch Messung des Urin-pH mittels Teststreifen mehrmals täglich zu ermitteln. Die Auflösung von Konkrementen dauert dabei allerdings mehrere Wochen. In dieser Zeit muss der Urinabfluss sichergestellt werden, was meist die Einlage eines DJ oder einer PCN notwendig macht.

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Wie sieht die Nachsorge bei Harnsteinen aus?

Nach der Steinsanierung stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit einer weiteren Nachsorge (Metaphylaxe). Die Tatsache, dass das Harnsteinleiden, je nach Steinart und zu Grunde liegender Störung, in bis zu 70 Prozent der Fälle rezidiviert, macht die Notwendigkeit einer Nachsorge deutlich. Es konnte gezeigt werden, dass durch eine metabolische Diagnostik und nachfolgende Nachsorge eine Reduktion der Steinfrequenz um bis zu 50 Prozent erreicht werden kann.

Das individuelle Risiko eines Steinrezidivs ist von vielen Faktoren wie Steinzusammensetzung oder vorhandenen metabolischen Störungen abhängig. Daher ist es erforderlich, diejenigen Patienten zu identifizieren, bei denen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer erneuten Steinbildung besteht.

Diagnostik zur Bestimmung der Arten und Zusammensetzung von Harnsteinen

Die wichtigste Basisdiagnostik, die jedem Steinpatienten zuteilwerden sollte, ist die Analyse der chemischen Zusammensetzung des Konkrements. Grundsätzlich wird zwischen kalziumhaltigen (ca. 75 Prozent; Kalziumoxalat, Kalziumphosphat) und nicht-kalziumhaltigen (Struvit, Zystin, Harnsäure) Harnsteinen unterschieden. Die häufigsten chemischen Steinzusammensetzungen sind in Tabelle 1 dargestellt:

Harnsteine und ihre häufigsten chemischen Zusammensetzungen
Tabelle 1: Die häufigsten chemischen Steinzusammensetzungen von Harnsteinen

Um Harnsteine für die Analyse zu gewinnen, werden die Patienten zum Sieben des Urins angehalten. Ebenso sollten alle bei einer endoskopischen Intervention geborgenen Harnsteine einer Steinanalyse zugeführt werden. Weitere basisdiagnostische Maßnahmen, die jeder Steinpatient durchlaufen sollte, stellen die Bestimmung des Kalziums, des Serum-Kreatinins, sowie der Harnsäure dar. Die Basis-Urindiagnostik beschränkt sich auf eine Teststreifenuntersuchung.

Weitere Abklärung bei Patienten mit hohem Rezidivrisiko

Diese Basisdiagnostik ist bei den meisten Patienten ausreichend. Werden keine pathologischen Befunde erhoben, erfolgt die Empfehlung allgemeiner Maßnahmen zur Nachsorge. Eine erweiterte metabolische Abklärung mit dem Ziel, eine spezifische (medikamentöse) Nachsorge von Patienten mit Harnsteinen auszuarbeiten, wird bei allen Rezidivsteinbildnern erforderlich sowie bei allen Erststeinbildnern mit hohem Rezidivsteinrisiko. Dies betrifft ca. 15 Prozent aller Patienten mit Harnsteinen. Die erweiterte Abklärung stützt sich im Wesentlichen auf die Analyse des 24-Stunden-Sammelurins. Diese wird allerdings erst frühestens 4 Wochen nach interventioneller Steinbehandlung durchgeführt, da frühere Analysen keine validen Ergebnisse erbringen.

Zu den Patienten mit hohem Risiko einer Rezidivsteinbildung, das eine erweiterte metabolische Abklärung mit 24-Stunden-Urin erfordert, gehören:

  • Patienten mit genetisch determinierten Harnsteinen (z.B. Zystinurie, primäre Hyperoxalurie, distale renal-tubuläre Azidose Typ I, Xanthinurie)
  • Brushitsteinbildner
  • Uratsteinbildner
  • Infektsteinbildner
  • Patienten, in deren Familie Harnsteine gehäuft auftreten
  • Menschen mit Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Malabsorbtion)
  • Patienten mit Hyperparathyreoidismus
  • Menschen mit steintragender Einzelniere
  • Kinder
  • Rezidivsteinbildner
  • Patienten mit anatomischen Anomalien wie Hufeisenniere, Nierenkelchdivertikel, vesiko-ureterealer Reflux, Nierenbeckenabgangsstenose, Ureterstriktur
  • Menschen in speziellen beruflichen Situationen (z.B. Pilot)

Verhaltens- und Ernährungsempfehlungen und pharmakologische Therapie

Für die meisten Patienten nach einem ersten Steinereignis sind allgemeine Verhaltens- und Ernährungsempfehlungen zur Nachsorge ausreichend. Die Patienten, welche den oben genannten Risikogruppen zuzuordnen sind, sollten eine spezielle pharmakologische Therapie erhalten. Leider nimmt die Bereitschaft der Patienten, eine dauerhafte Änderung der Ernährungsgewohnheiten oder eine lebenslange Pharmakotherapie einzuhalten mit zunehmendem Abstand zum Steinereignis stetig ab.

Die allgemeine Nachsorge bei Harnsteinen stützt sich im Wesentlichen auf eine Erhöhung der Trinkmenge sowie die Empfehlung einer ausgewogenen Diät. Die Flüssigkeitszufuhr sollte dabei für ein tägliches Urinvolumen von mehr als 2 Litern reichen und gleichmäßig über den Tag verteilt werden. Empfehlenswert sind vor allem Getränke wie Mineralwasser oder Früchte- und Kräutertees. Bei Kalziumstein-Bildnern sollte das Mineralwasser natriumarm, bikarbonatreich bei mittlerem Kalziumgehalt (max. 400mg/l) sein.

Da der überwiegende Anteil der Harnsteine Kalziumsalze enthält, spielt der Kalziumstoffwechsel bei den diätetischen Empfehlungen eine zentrale Rolle. Die frühere Empfehlung einer Beschränkung der Kalziumaufnahme mit der Nahrung ist jedoch wieder verlassen worden. Generell wird allen Steinbildnern eine ausgewogene Ernährung empfohlen. Sie soll kochsalzarm, ballaststoffreich und proteinkontrolliert von mittlerem Kalziumgehalt sein. Eine hohe Zufuhr an tierischen Proteinen verändert die Urinzusammensetzung ungünstig. Eine rein vegetarische Kost ist aufgrund der hohen Zufuhr an Oxalat ebenfalls nicht zu empfehlen.

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Medikamentöse Nachsorge von Harnsteinen

Wird bei hohem Steinrezidivrisiko eine spezielle Nachsorge notwendig, so erfolgt diese individuell angepasst nach den Ergebnissen der Stoffwechseluntersuchungen. Im Folgenden sind die Empfehlungen zur medikamentösen Nachsorge von Harnsteinen in Abhängigkeit der einzelnen Steinarten beschrieben.

Die Gruppe der kalziumhaltigen Nierensteine lässt sich weiter unterteilen in die größere Gruppe der Kalziumoxalatsteine (Whewellit; Weddellit) und der Kalziumphosphatsteine (Hydroxylapatit; Carbonapatit; Brushit). Bei Hochrisikopatienten wird meist zusätzlich zu den geschilderten allgemeinen Maßnahmen eine spezifische medikamentöse Therapie erforderlich.

Die pharmakologische Gruppe der ersten Wahl stellen dabei die Alkalizitrate (z.B. Uralyt U®; Blemaren®; Lithurex®; Blanel®) dar. Leider führen Nebenwirkungen wie Meteorismus, Diarrhoe oder gastraler Reflux zum Therapieabbruch bei bis zu jedem zweiten Patienten. Thiazid-Diuretika können zur Senkung der renalen Kalziumausscheidung eingesetzt werden. Die häufig auftretenden Nebenwirkungen limitieren jedoch den klinischen Einsatz. Sie werden daher zurzeit erst als second-line Therapie bei persistierender Hyperkalziurie empfohlen.

Eine Hyperurikosurie (vermehrte Harnsäureausscheidung) führt nicht nur zur Bildung von Harnsäuresteinen, sondern begünstigt auch die Entstehung von Kalziumoxalatsteinen. Daher stellt bei nachgewiesener Hyperurikosurie die Behandlung mit Allopurinol einen weiteren Ansatz zur Steinprävention dar. Aus diesem Grund wird Allopurinol bei diesen Patienten empfohlen.

Die Prinzipien der medikamentösen Nachsorge sind in Tabelle 2 zusammengestellt:

Medikamentöse Vorsorgeprinzipien bei Kalziumsteinbildnern
Tabelle 2: Medikamentöse Vorsorgeprinzipien bei Kalziumsteinbildnern

Nachsorge bei Harnsäuresteinen

Harnsäuresteine stellen in den Industrieländern die zweihäufigste Steinart dar (10 bis 15 Prozent). Harnsäure weist im sauren Urin eine sehr geringe Löslichkeit auf. Typischer Urinbefund bei Harnsäuresteinbildnern ist eine Säurestarre des Urins mit einem pH-Wert von 5 im Tagesprofil. Daher ergeben sich zwei therapeutische Ansatzpunkte zur Nachsorge:

  • erstens die Verminderung der Harnsäureausscheidung
  • und zweitens die Anhebung des Urin-pHs.

Da die Harnsäureausscheidung proportional mit dem Verzehr von tierischen Nahrungsmitteln ansteigt, wird Harnsteinbildnern eine Einschränkung des Fleischkonsums empfohlen. Eine medikamentöse Therapie mit Allopurinol erfolgt nur bei Hyperuricämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut). Die Erhöhung des Urin-pH und die damit verbundene bessere Löslichkeit der Harnsäure wird analog zu den kalziumhaltigen Steinen durch Alkalizitrate erreicht. Die Dosierung wird durch Messung des Urin-pH mittels Teststreifen überwacht. In der Harnsäurestein-Nachsorgeewird ein Ziel-pH-Wert von 6,2 bis 6,8 angestrebt.

Nachsorge von Infeksteinen

Infektsteine bestehen vor allem aus Magnesium-Ammonium-Phosphat (Struvit) und machen ca. 5 bis 7 Prozent aller Harnsteine aus. Kalziumphosphatsteine (Karbonapatit, Brushit) sind keine reinen Infektsteine, sie liegen jedoch häufig infektassoziiert vor. Wichtigstes therapeutisches Ziel stellt daher die Sanierung des Harnwegsinfekts durch Antibiotika dar. Vor Einleitung einer interventionellen Therapie sollte der Infekt idealerweise antibiotisch kuriert, zumindest aber suffizient anbehandelt sein. Da Restfragmente weiter Keime in sich tragen und rasch zu Rezidiven führen, muss nach Therapie eine komplette Steinfreiheit vorliegen.

Ein weiterer Aspekt in der Prävention von Infektsteinen ist die Ansäuerung des Urins auf pH-Werte um 6,0. Mittel der Wahl ist hierbei L-Methionin (Acimethin®). Preiselbeersaft hat ebenfalls eine infekthemmende Wirkung über die Senkung des Urin-pH. Dahingegen führen Zitrussäfte nicht zu einer Ansäuerung des Harns, sondern besitzen eher eine alkalisierende Wirkung.

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Nachsorge von Zystinsteinen

Die Bildung von Zystinsteinen beruht auf der Zystinurie, einer angeborenen Stoffwechselerkrankung. Häufig kommt es schon im Kindesalter zur Bildung von Harnsteinen. Die wichtigste therapeutische Maßnahme besteht in der Steigerung des Harnvolumens auf mindestens 3 Liter täglich durch eine Erhöhung der Trinkmenge. Zu achten ist dabei auf eine konstant hohe Flüssigkeitsaufnahme über 24 Stunden, was für den Patienten ein Trinken zum Schlafengehen und sogar während der Nacht bedeutet. Empfehlenswert sind dabei leicht alkalisierende Getränke, wie Mineralwasser, Blasen-/Nierentee, Früchtetee oder Zitrussäfte.

Auf übermäßigen Fleischkonsum sollten betroffene Patienten verzichten. Empfehlenswert ist die oben beschriebene ausgewogene Ernährung mit vegetarisch betonter Kost.

Die Zystinurie ist mit einem hohen Risiko, Rezidivsteine zu bilden behaftet, weshalb die beschriebenen allgemeinen Metaphylaxeempfehlungen meist nicht ausreichen. Da die Löslichkeit von Zystin ab einem pH-Wert von 7,5 stark zunimmt, erfolgt eine Alkalisierung des Urins auf pH-Werte zwischen 7,5 und 8,0 mit Alkalizitraten.

Reichen diese Maßnahmen nicht aus, um die Rezidivsteinbildung zu verhindern, ist die zusätzliche Gabe von Mercaptoproprionylglycin (Tiopronin; Captimer®) indiziert. Unerwünschte Nebenwirkungen treten bei der Gabe von Mercaptoproprionylglycin mit bis zu 50 Prozent jedoch häufig auf, was die Patientencompliance und damit den Behandlungserfolg limitiert. Meist sind die Nebenwirkungen leicht und umfassen gastrointestinale Symptome, Geschmacksstörungen, Arthralgien oder Exantheme, selten kann ein nephrotisches Syndrom auftreten. Umstritten ist der Nutzen einer hochdosierten Vitamin C-Einnahme.

Im folgenden finden Sie einen Überblick über die Therapieempfehlungen zur Prävention der Zystinsteinbildung:

  • Harndilution (Urinmenge mind. 3 Liter, Trinkmenge ca. 5 Liter)
  • Diät („Common sense“-Diät)
  • Urinalkalisierung mit Alkalizitraten (Ziel pH 7,5 bis 8)
  • zusätzlich Vitamin C
  • zusätzlich Mercaptoproprionylglycin ab einer Zystinausscheidung von mehr als 3mmol/24h

Autoren:
Dr. med. Patrick Honeck
Prof. Dr. med. Thomas Knoll