Künstlicher Darmausgang: Ein Notausgang für den Stuhl


Ein künstlicher Darmausgang (fachsprachlich Enterostoma, kurz Stoma, oder auch Anus praeter genannt) ist eine Öffnung in der Bauchwand, die der Ausleitung der Ausscheidungen des Darms dient. Ein solcher Ausgang ist nötig, wenn die Ausscheidung auf dem natürlichen Wege (über Rektum und After) zeitweise oder permanent nicht möglich ist.

Ein künstlicher Darmausgang erfordert das Tragen eines Stomabeutels zur Aufnahme des Stuhls.

Gründe für die Schaffung eines künstlichen Darmausgangs

Der häufigste Grund für die Anlage eines Enterostomas ist eine Krebserkrankung des Dickdarms (kolorektales Karzinom). Auch andere Karzinome im Bauchraum wie Ovarialkrebs (Eierstockkrebs), Analkrebs oder Blasenkrebs können die Darmpassage blockieren und so je nach Stadium ein zeitweises (für die chirurgische Behandlung und die Heilungsphase danach) oder permanentes Enterostoma erforderlich machen.

Ein vorübergehender oder dauerhafter künstlicher Darmausgang wird auch in schweren Fällen entzündlicher Erkrankungen des Dickdarms (Divertikulitis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) gelegt, ebenso bei seltenen Erbkrankheiten und Fehlbildungen des Dickdarms wie der familiären adenomatösen Polyposis oder dem angeborenen Megacolon (Hirschsprung-Krankheit).

Gelegentlich kommt die bei einer schweren Endometriose versprengte Gebärmutterschleimhaut in größeren Mengen auch im oder am Dickdarm vor und muss entfernt werden. In diesem Fall ist die Schaffung eines (in aller Regel temporären) künstlichen Darmausgangs nötig.

Magen-Darmtrakt
Der menschliche Magen-Darmtrakt

Verschiedene Formen des künstlichen Darmausgangs

Erfolgt die Ausleitung des Darminhalts vom letzten Dünndarmabschnitt, dem Ileum, aus, spricht man von einem Ileostoma. Erfolgt sie vom Dickdarm (Colon), ist von einem Colostoma die Rede.

  • Ein Colostoma fördert in größeren Zeitabständen breiige bis feste Stühle. Hier kann sich mit der Zeit sogar ein ähnliches Entleerungsmuster wie vor der Operation einstellen.
  • Dagegen scheidet ein Ileostoma weitgehend permanent breiiges oder flüssiges Sekret ab.

Ein künstlicher Darmausgang kann zeitweise oder als endgültige Lösung angelegt werden.

  • Ein permanentes Enterostoma ist alternativlos, wenn es nicht mehr möglich ist, nach Entfernung eines erkrankten Darmabschnitts die reguläre Darmpassage durch Verbindung der verbliebenen Darmenden (Darmanastomose) wiederherzustellen. Das ist dann der Fall, wenn entweder zu große Teile des Dickdarms irreversibel geschädigt sind oder die beiden Analschließmuskel nicht mehr funktionieren.
  • Ein temporäres Enterostoma bietet die Möglichkeit, weiter Richtung Rektum gelegene Teile des Darms eine Zeitlang zu schonen, um etwa die Heilung nach einem chirurgischen Eingriff nicht zu gefährden. Der künstliche Darmausgang wird wieder geschlossen, sobald es der Gesundheitszustand des Patienten erlaubt (meist nach sechs bis zwölf Wochen).

Arztsuche

Endständiger und doppelläufiger künstlicher Darmausgang

Sowohl ein permanentes als auch ein temporäres Enterostoma kann endständig angelegt werden. Das bedeutet, der Darm wird an der Stelle des künstlichen Ausgangs komplett durchtrennt und die Darmwand des gesunden Darms wird in ihrem gesamten Umfang mit der Bauchwand vernäht. Der verbliebene Rest des Darms wird entweder entfernt, oder seine obere Öffnung wird verschlossen.

Häufig wird ein temporärer künstlicher Darmausgang als sogenanntes doppelläufiges Enterostoma angelegt. Hier wird eine Darmschlinge durch die Bauchwand nach außen gezogen. Der freie Darm wird nur etwa zu zwei Dritteln geöffnet, „aufgeklappt“, und die beiden so entstandenen zuführenden und abführenden Öffnungen werden nebeneinander mit der Bauchdecke vernäht. Die Darmpassage bleibt so grundsätzlich erhalten, und kleine Mengen Stuhl oder Schleim werden mitunter auch über den After ausgeschieden. Der doppelläufige künstliche Darmausgang ist größer als ein endständiges Enterostoma. Eine Zurückverlegung des Darmausgangs zum After ist später durch Vernähen der beiden Darmenden (Re-Anastoma) möglich.

Die Operation bei einem künstlichen Darmausgang

Ein künstlicher Darmausgang wird immer unter Narkose angelegt. In Vorbereitung der Operation wird die optimale Position für das Stoma ermittelt und angezeichnet. Es sollte im Sitzen, Liegen und Stehen möglichst so lokalisiert sein, dass die spätere Stomaversorgung gut haften kann. Sie sollte zudem in keiner Position hinderlich sein (wie etwa Quetschung durch die Bauchfalte).

Soll lediglich das Stoma angelegt werden, kann die Operation in zwei Stunden vorgenommen werden. Müssen gleichzeitig Teile von Darm oder Darmschleimhaut entfernt, Verwachsungen gelöst oder weitere Maßnahmen im Bauchraum durchgeführt werden, lässt sich die Dauer des Eingriffs kaum mit Sicherheit voraussagen. Sie kann in Einzelfällen bis zu acht Stunden betragen.

Unter Umständen kann ein künstlicher Darmausgang in einem laparoskopischen Eingriff („Schlüssellochchirurgie“) angelegt werden. Dabei bleibt (mit Ausnahme des Stomas selbst) aufgrund der minimalen Schnitte nur eine kleine Narbe zurück. Dafür dauert die Operation länger und ist komplizierter.

Die Öffnung für ein Ileostoma wird gewöhnlich am Bauch rechts unten geschaffen, die für ein Colostoma links unten. In Einzelfällen sind jedoch auch andere Lösungen möglich. Sowohl Colostoma als auch Ileostoma ragen etwas hervor (das Ileostoma gewöhnlich noch ein wenig prominenter). Das dient dazu, um die Ausscheidung in den Stomabeutel zu vereinfachen und Kontakt der umliegenden Haut mit Stuhl beziehungsweise Dünndarmsekret zu vermeiden. Letzteres reizt die Haut aufgrund der enthaltenen Verdauungsenzyme.

Leben mit dem künstlichen Darmausgang

Der Stomabeutel zur Versorgung eines künstlichen Darmausgangs besteht aus zwei Teilen. Die Basisplatte klebt auf der Haut rund um das Stoma und ein Beutel nimmt die Ausscheidungen auf. Bei ein- und zweiteiligen Systemen ist der Beutel fest beziehungsweise abnehmbar mit der Basisplatte verbunden. Stomabeutel stehen in unterschiedlichen Größen als geschlossene oder Ausstreifbeutel zur Verfügung. Beide Systeme sind mit Filtern versehen, durch die Gase geruchsfrei entweichen können.

Stomasysteme sind wasserdicht und robust, sodass auch sportliche Aktivitäten kein Problem sind. Zum Schutz des Stomas und zur sicheren und unauffälligen Fixierung des Stomabeutels stehen heute Spezialwäsche und Bandagen für ganz unterschiedliche Bedürfnisse zur Verfügung.

Arztsuche