TVT (Tension-free Vaginal Tape)


Das Tension-free Vaginal Tape, kurz TVT, stellt eine von vielen operativen Behandlungsmethoden der Belastungsinkontinenz der Frau dar. Beim Tension-free Vaginal Tape handelt es sich um ein so genanntes „Vaginalbändchen“, welches von vaginal eingesetzt wird. Nach entsprechenden Voruntersuchungen und bei korrekter Indikationsstellung ist die TVT-Schlingenplastik eine geeignete und vor allem minimal-invasive, risikoarme Methode, eine Belastungsinkontinenz der Frau zu therapieren.

Wann empfiehlt sich ein Tension-free Vaginal Tape (TVT)?

Bei der Belastungsinkontinenz tritt als Symptom unfreiwilliger Harnabgang bei körperlicher Belastung (Husten, Niesen, Heben, Springen, Treppensteigen, Aufstehen) auf. Als Ursache wird hierfür eine Schließmuskelschwäche der Harnröhre angesehen.

Die Stadieneinteilung der Belastungsinkontinenz erfolgt meist nach Stamey:

  • Grad I: Unwillkürlicher Urinverlust bei starker körperlicher Belastung (z.B. Husten, Niesen, Pressen)
  • Grad II: Unwillkürlicher Urinverlust schon bei leichter körperlicher Belastung (z.B. Laufen, Treppensteigen, Lagewechsel)
  • Grad III: Unwillkürlicher Urinverlust in Ruhe und im Liegen

Arztsuche

Zur Diagnose einer Belastungsinkontinenz erfolgen die folgenden Untersuchungen, nach Invasivität gegliedert:

  • Anamnese
  • Miktionstagebuch
  • Urinanalyse (Stix, Uricult)
  • Vorlagentest
  • Vaginale Einstellung und pH-Messung
  • Karyopyknotischer Index
  • Harnröhren- und Blasenspiegelung (Urethrozystoskopie)
  • Hustenprovokationstest bei voller Blase
  • Urodynamik (Zystometrie mit Urethra-Druckprofil)

Vereinfacht dargestellt ist eine Grad I-Belastungsinkontinenz meist mittels konservativer und medikamentöser Behandlungsmethoden therapierbar. Eine operative Behandlung (z.B. Einlage eines TVT) ist meist den höhergradigen Inkontinenzformen vorbehalten.

Was ist ein Tension-free Vaginal Tape (TVT)?

Beim Tension-free Vaginal Tape (TVT) handelt es sich um eine suprapubische alloplastische Schlinge, ein so genanntes „Vaginalbändchen“, welches von vaginal eingesetzt wird. Diese Schlinge konkurriert mit den transobturatorischen Schlingen (TOT) und den abdominellen OP-Verfahren (Unterbauchschnitt) wie der Kolposuspension nach Burch und der autologen pubovaginalen Schlinge (Unterbauchschnitt: Faszienzügelplastik).

Diese Operationsmethode wurde erstmals Anfang der 90er-Jahre nach der Theorie von Ulmsten und Petros entwickelt und beschrieben. Das Polypropylenband wird von vaginal über einen kleinen Schnitt in der Scheidenvorderwand hinter dem Schambein und an der Harnblase vorbei nach oben bis zur Bauchdecke geführt und spannungsfrei eingelegt (s. Abb.).

Schematische Lage des TVT
Schematische Lage des TVT (mit freundlicher Genehmigung der Fa. Gynecare)

Diese Bänder bieten eine Unterstützung des Schließmuskelapparates im Sinne einer Hängematte unter der Harnröhre. Sie bilden ein Widerlager und entlang der Bandstrukturen kommt es zur Fibrosierung (Einwachsen von körpereigenem Bindegewebe). Hierdurch wird die Hypermobilität der Harnröhre (diese entsteht durch den partiellen Ab- oder Ausriss körpereigener Haltestrukturen) eingeschränkt, die Kontinenz verbessert. Die Kontinenzraten erreichen etwa 80 Prozent nach 10 Jahren Nachbeobachtungszeit.

Arztsuche

Mögliche Komplikationen und Risiken der TVT-Schlingen

Bei den TVT-Schlingen handelt es sich um Fremdmaterial, es kann somit zu Fremdkörperreaktionen mit überschießender Vernarbung und entsprechenden Schmerzen kommen. Primär können bei der Einlage benachbarte Organe wie z.B. die Harnblase verletzt bzw. perforiert werden. Eine ausgeprägte (teils transfusionspflichtige) Blutung und Hämatombildung wird in seltenen Fällen ebenfalls beschrieben.

Ferner kann es durch das Polypropylenband zur Arrosion bzw. Penetrationen von Harnröhre, Blase und/oder Vaginalschleimhaut kommen. Das bedeutet, dass das Band die Harnröhre, die Blasen- oder Scheidenwand durchschneidet. In solchen Fällen muss das Band operativ entfernt werden, die Defekte müssen rekonstruiert werden und es muss dann schließlich eventuell eine erneute Inkontinenz-Operation mit körpereigenem Material durchgeführt werden.

Ein Neuauftreten einer Drangsymptomatik bis hin zur Dranginkontinenz sowie eine Überkorrektur mit anschließendem Harnverhalt und Notwendigkeit der Durchführung eines Einmalkatheterismus in der Folge sind ebenfalls beschrieben.

Autoren:
Dr. med. Andreas Neisius
Univ.-Prof. Dr. med. Joachim W. Thüroff